GEA-Artikel vom 30. 10. 2019

 

Reutlinger Generalanzeiger vom 02. 08. 2019

 

Reutlinger Generalanzeiger vom 25. 06. 2019

Südwestpresse vom 11. 07. 2019

Reutlinger Generalanzeiger vom 17. 05. 2019

 

 

GEA-Bericht vom 09. 04. 2019

GEA_Bericht über die Ausstellung Inge Rau vom  05. 03. 2019

REUTLINGEN. Ätzende Arbeiten präsentiert Inge Rau, denn mit Säuren bearbeitet die Künstlerin Metallplatten. Grünspan und Rost bilden sich, die für Verfall und Vergänglichkeit stehen. Erscheinungen, die sich im Titel »… und alles vergeht …« widerspiegeln. Mit rund 40 Werken eröffnete die Produzentengalerie Pupille die gut besuchte Vernissage.

Rau, die Kunst als Hauptfach an der Pädagogischen Hochschule in Reutlingen studiert hat, arbeitet seit 1995 als freiberufliche Künstlerin. Jahrelang beschäftigte sie sich mit Radierungen und unterrichtete die Tiefdrucktechnik auch als Dozentin an der Volkshochschule in Biberach.

Salpetersäure wird unter anderen verwendet. »Eines Tages bin ich darauf gekommen, dass die von Säuren durchätzten Platten richtig schön sind«, erzählt sie. (Fast) schon Kunstwerk liefern die Säuren, indem sich Brauntöne bilden, die ins orangefarbene und rostfarbene Spektrum hineinreichen. Oder es entstehen grün-blau-türkise Farbnuancen.

Reliefartig wirkende Bilder

Doch zum fertigen Kunstwerk werden die Metallplatten erst durch Raus gestalterisches Eingreifen. Beispielsweise lenkte sie in »Stripes« den Korrosionsprozess, sodass anstatt ausgefranster Ränder harte Kanten entstanden. Die geradlinigen Streifen reihte die Künstlerin in regelmäßigen Abständen aneinander und durchbrach den strengen Bildcharakter durch einen schräg gestellten Streifen, der für Dynamik sorgt. Dass Rau viel experimentiert hat, decken weitere Arbeiten auf.

Reliefartig wirken die Bilder »From above II und III«, bei dem Japanpapier durch Säure aufquoll. Die ätzende Substanz als Malmittel für Graffitis nutzte sie bei »SK (Säurekorrosion) Linie No 1 und No 2«, in denen Linienbündel abgebildet sind. Oder sie kontrastiert Blattgold, das für Luxus und Reichtum steht, mit den als ärmlich-verrottend geltenden Farben des Rosts, etwa bei den Arbeiten »Sonnenscheibe« und »Circle I«.

Mit Titeln wie »Three Days« oder »Seven Days« gibt Rau an, wie lange sie an einem Werk gefeilt hat. Außerdem hält sie Eindrücke von Reisen, etwa in die Goldgräberstadt Dawson, per Säurespuren fest. Und viele ihrer Werke, in denen die Gebilde aus Rost und Grünspan an Wolken oder Meer erinnern, wirken wie abstrakte Landschaften.

Ruhe und leise Sinnlichkeit strahlen sie aus. Wobei die »Säurefarben« den Prozess der Zerstörung einleiten, und genau das rückt Rau in den Mittelpunkt. »Die Zeit sichtbar machen, den Verfall und die Vergänglichkeit«, erklärt sie. Ein ewiger Kreislauf, bei dem die Künstlerin auch Anregungen für philosophische Betrachtungen geben will. (GEA)

 

AUSSTELLUNGSINFO

Die Ausstellung »… und alles vergeht …« mit Werken von Inge Rau ist bis zum 17. März in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen, zu sehen. Geöffnet ist am 7. März von 15 bis 18 Uhr, am 8. März von 11 bis 18 Uhr, am 10., 14. und 15. März jeweils von 15 bis 18 Uhr sowie am 17. März von 11 bis 18 Uhr. (GEA

Reutlinger Generalanzeiger vom 13. 02. 2019

Renate Vetter in der Produzentengalerie Pupille: Die Farben der Erde

Renate Vetter zeigt in der Produzentengalerie Pupille ihre Arbeiten. Ihr Atelier hat sie auf der Haid

Von

Martin Bernklau

14.02.2019 07:20

Renate Vetter zwischen den von ihr zusammengetragenen Erden (links) und ihrer Kunst. FOTO: BERNKLAU

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REUTLINGEN. In der roten Erde aus Dornstadt finden sich sogar Eisenkügelchen. Grün schimmert der Boden aus Gerhausen, graubraun der Gönninger. Die Erden, die Renate Vetter auf ihren Wanderungen gesammelt hat, sind die Farben ihrer Bilder, die sie als »ErdGeschichten«, als »ErdFelder« oder etwas kleinere »Erdobjekte« aufs Papier und auf die Leinwand bannt – rein und unvermischt. In der Reutlinger Produzentengalerie Pupille zeigt sie ihre Werke unter dem Titel »erdgeboren«.

Der Ruhe, die diese seriellen Arbeiten ausstrahlen, ist endlos geduldige und überaus fleißige Arbeit vorausgegangen. Denn die rechteckigen Tafeln, die Renate Vetter zu Gebinden von drei bis fünf »ErdFeldern« zusammengefasst hat, sind mit senkrechten, kleinfingergroßen Pinselstrichen gesprenkelt, die in möglichst gleichmäßiger Struktur die Fläche füllen.

Aus der Ferne betrachtet würden sich diese Pixel aus verschiedenen Erden, fast lasurartig nacheinander aufgebracht, zu einer gemischten Gesamtfarbe verbinden – heller oder dunkler, in Tönen von eher Rot, eher Grün oder eher Gelblich-Ocker.

                                                                         I.                Böden schwäbischer Heimat

Es gibt diese Bilder auch im Querformat mit waagerechtem Pinselduktus. Es gibt sie auch in gewissermaßen pointillistisch-pixelhaften winzigen Quadraten, die mit dem Spachtel aufgetragen sind. Und es gibt sie als matte, ganz einheitlich unifarbene Flächen ohne jede Struktur.

Seit sieben Jahren beschäftigt sich die 1960 als Arbeiterkind in Geislingen/Steige zur Welt gekommene, auf der Ostalb aufgewachsene Künstlerin, die auf der Engstinger Haid ihr Atelier hat, mit dieser Art von erdverwachsenen Bildern. Der Onkel war Bauer.

Renate Vetter hat am Kunstseminar Metzingen studiert und arbeitet – teils in Zusammenarbeit mit Bodenkundlern und Agraringenieuren – auch als Kunstpädagogin in der Erwachsenenbildung und für Schulen.

Bei der Vernissage eröffnete Brigitte Tharin das Gespräch mit der Malerin mit dem Hinweis auf die Künstler des Informel wie Emil Schumacher (»Urschlamm«) und mit den Worten Jean Dubuffets: »Jeder Stoff hat eine Sprache, jeder Stoff ist eine Sprache.« Was da zu sehen ist, sei ein »Kraftwerk von Erde«.

Renate Vetters Erden sind im Wesentlichen die Böden ihrer schwäbischen Heimat. Über Ludwigsburg bis Heidelberg reichen die baden-württembergischen Orte, an denen sie ihr Material gefunden hat. Nicht Jägerin, sondern Sammlerin sei sie: »In der Erde von Dornstadt hätte ich baden können.« Und sie präsentiert diese farbstarken Erden so eindrucksvoll, dass es fast wie ein eigenes Kunstwerk wirkt, auf einem Mauerabsatz am Rand des Ausstellungsraums.

                                                                      II.                Erzählte Erdgeschichte

Sie verhalten sich auch malerisch ganz unterschiedlich, diese fein vermahlenen und nur mit farblosem Acryl gebundenen Erdenfarben, erläutert sie. Und so, wie sich Material aus tieferen Schichten beim Kontakt mit der Luft in der Farbe verändert (»oxidiert«), so changiert es auch während des Malens und danach.

Über das Ästhetische hinaus erzählen diese Erden Renate Vetter auch Geschichten und Geschichte, die sie an die Betrachter weitergeben will. Erdgeschichte. »Das war einmal Meer, das waren Tropen und Subtropen hier auf der Alb.« (GEA)

 

                                                                 III.             AUSSTELLUNGSINFO

Die Ausstellung »erdgeboren« mit Arbeiten von Renate Vetter ist noch bis zum 24. Februar in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen, zu sehen. Geöffnet ist freitags und sonntags zwischen 15 und 18 Uhr. Am 22. Februar um 19 Uhr gibt es einen Abend mit lyrischen Texten zur Erde, gelesen von der Künstlerin, und Musik des Percussionisten Michael Siefke. (GEA)

 

 

Reutlinger Generalanzeiger vom 27. 11. 2018

Die Ausstellung "Dinge - wesentlich" - Anna Mansen muss leider verschoben werden

      Reutlinger Generalanzeiger vom 22. 08. 2018

                                                  Reutlinger Generalanzeiger vom 09. 05. 2018

Ausstellung

Zwischen Rotgesang und Himmelsstiege

Zart und kontemplativ: Uta Albecks Kunst in der Reutlinger Produzentengalerie Pupille

Uta Albeck: »krumm und grade 2«. Aquarell, 2017. FOTO: STRÖHLE
Uta Albeck: »krumm und grade 2«. Aquarell, 2017. FOTO: STRÖHLE

REUTLINGEN. »Krumm und grade« – mit diesem Gegensatzpaar hat sich Uta Albeck unlängst in einer Serie von Bildern beschäftigt. Karl Striebel, der bei der Vernissage ihrer Ausstellung »farbreich« in der Reutlinger Produzentengalerie Pupille die Besucher willkommen hieß, fand dazu erhellende Worte. Umgangssprachlich werde ja »krumm« eher für »nicht rechtmäßig, unter Anwendung von unrechtmäßigen Mitteln« verstanden und »grade« oft mit »rasch und g’schwind« definiert.

Grade diese Definitionen träfen auf Uta Albecks Arbeiten allerdings nicht zu, meinte Striebel. »Hier wurde nicht geschummelt und auch net g’schwind hing’haua, sondern den Arbeiten sieht man bereits auf den ersten Blick an, dass sie durchgearbeitet sind, dass um das Ergebnis gerungen wurde, auch wenn sie jetzt so leicht und selbstverständlich daherkommen.«

Albecks Kunst entsteht in einer speziellen Lasurtechnik in Aquarell auf Papier und Acryl auf Holz. Die Farbe wird in einem aufwendigen Prozess in mehreren Schichten nass in nass aufgetragen. Durch die verschiedenen Farbschichten erhalten die Bilder Leuchtkraft und Tiefe. Später überarbeitet die am Starnberger See aufgewachsene, in Tübingen lebende Künstlerin die entstehenden Werke durch Auswaschen, Kratzen, Bürsten. Dabei bekommen die Bilder Struktur. Jahresthemen waren bei ihr zuletzt etwa »Brücken bauen« oder »Treppen, Stufen, Leitern«. Als »meist im eher kleineren Format gemalte Preziosen, umgeben mit einer Aura des Geheimnisvollen« charakterisiert die Kunsthistorikerin Barbara Krämer die Bilder der gerade 80 Jahre alt gewordenen Künstlerin, die an der Akademie der bildenden Künste ihrer Geburtsstadt München bei Wilhelm Heise und Erich Glette studiert hat.

Krämer hat den Katalogtext zu »Ein Leben in Farbe: Uta Albeck zum 80. Geburtstag« verfasst und spricht darin von einer unverwechselbaren Bildsprache Albecks, die sie »traumwandlerisch sicher ideenreich variiert und kontinuierlich erweitert«. Sie spricht von Aquarellen, die »zart und durchscheinend, fragil und kontemplativ, von innen heraus leuchten und eine direkte Kommunikation einfordern«. Und sie stellt treffend fest: »Bei Uta Albeck ist Kunst eine gemalte Form des Denkens, der Überlegung.«

Albeck, die Mitglied der Gedok Reutlingen und der Produzentengalerie Pupille ist, ist in ihren Arbeiten oft ganz nah an der reinen Farbfeldmalerei, wie Helm Zirkelbach in seiner Einführung in die Ausstellung erklärte. Und sie versteht es, auch in der Abstraktion Geschichten zu erzählen.

Transparente Körperlichkeit

Als Ausstellungsbesucher wird man am Eingang von strahlendem Gelb empfangen – »gelb, weiß gelichtet« nennt die Künstlerin diese Arbeit, ein Aquarell von 2017. Schwungvoll gezogene Bögen aus Licht kreuzen darin eine waagrechte weiße Linie, schaffen Verbindungen zwischen einer leuchtend gelben und einer zartgelben Fläche.

In den abstrakten Bildern von Uta Albeck offenbart sich, wie Helm Zirkelbach es ausdrückt, »eine transparente Körperlichkeit«, die Albecks Interesse an der Fragilität menschlicher Existenz widerspiegele, »ohne dass sie von einer Figur dargestellt wird«.

Ihr Malprozess schließe diese Idee vom Werden und Vergehen mit ein, indem Albeck die Flächen des Bildes mit Farbe fülle, um sie anschließend partiell wieder freizuwaschen. »Das ist wie Einatmen und Ausatmen«, so Zirkelbach.

In der Mischtechnik-Arbeit »Himmelsstiege 5« streckt sich ein Etwas, das aussieht wie ein Giraffenhals, in den Farben des Regenbogens, mit hellen Querstrichen versehen, diagonal durchs zart grundierte Bild. Andere Bilder haben sprechende Titel wie »blau und bläuer«, »Seitenwind 2« oder »Rotgesang«. Wobei Rot hier nicht als (politische) Signalfarbe eingesetzt, sondern vielmehr mit Klang und Rhythmus assoziiert wird. In transparentem Schwarz gehaltene Querbalken, ähnlich den von seitlich oben betrachteten schwarzen Tasten des Klaviers, führen einen als Betrachter auf diese Fährte.

Zwei frühe Arbeiten aus den 1970er-Jahren (»Intervallstudie 1 und 2«) mit dicht schraffierten Lichtfeldern zeigen Uta Albecks Weg vom Zeichnerischen her. In Bildern wie dem Aquarell »Yellowstone« von 1987 wird deutlich wie das Reale, die Natur, ihre Farbskala beeinflusst. Vieles, was sie schafft, zeugt von meditativer Balance. In ihre Bildwelten einzutauchen verlangt denn auch besondere Konzentration. (GEA)

 

AUSSTELLUNGSINFO

Die Ausstellung »Uta Albeck – farbreich« ist noch bis zum 3. Juni in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen, zu sehen. Geöffnet ist Freitag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr. (GEA

 

Reutlinger Generalanzeiger vom 07. 04. 2018

Reutlinger Generalanzeiger vom 24.02. 2018

Reutlinger Generalanzeiger vom 20. 01. 2018

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Reutlinger Generalanzeiger vom 12. 09. 2017

 

 

Reutlingen Ausstellung - Karl Striebel und Patrice Bérard zeigen Landschaftsmalerei und Aktskulpturen in der Pupille

 

Adam, Eva und der Garten in der Pupille

 

VON CORNELIUS VOLLMER

 

REUTLINGEN. Landschaft und Mensch, Empfindungen beim Anblick der pflanzlichen und das sensible Erkunden der menschlichen Natur: Zwei klassische Motive der Kunstgeschichte und ihre Verarbeitung zeigt aktuell unter dem Motto »Pinsel und Kettensäge. Bilder und Skulpturen. Karl Striebel und Patrice Bérard« die Produzentengalerie Pupille.

 

 

 

Unverhüllte Körperlichkeit in Bérards Holzplastiken. Hier: »Eva«. FOTO: VOLLMER

 

 

 

 

 

Für seine Landschafts- und Gartenmotive hat sich Striebel von der Schwäbischen Alb und dem Botanischen Garten in Tübingen inspirieren lassen. Seine Bilder wirken aus der Distanz. Erst dann eröffnen sie dem Betrachter ihre wahre Ästhetik, indem sie ebenso Gegenständlichkeit wie räumliche Tiefe gewinnen.

In seinen vorwiegend von Grüntönen dominierten Gemälden verwendet er immer wieder die Farbe Rot, die er zwar sparsam, dafür aber umso ins Auge springender einsetzt. Dadurch erreicht er nicht nur Tiefenstaffelung und Räumlichkeit, sondern auch eine gewisse Dynamik und Spannung. Mal lassen sich ganz gegenständlich Mohnblumen im Vordergrund ausmachen, mal meint man, rote Papageien in den Baumwipfeln sitzen zu sehen, mal ein Eichhörnchen, das gerade einen Stamm emporklettert.

 

I.                        Rätsel der roten Schleife

 

In dem zentral aufgehängten Bild »Garten 8«, das weniger an einen gepflegten Kultur- als vielmehr an einen wilderen Landschaftsgarten erinnert, ziert das Zentrum unvermittelt eine an einem geraden roten Band angebrachte rote Schleife. Zuerst ist man versucht, darin ein Ergebnis zu erkennen, wie es analog zum Fotografierverfahren mit langer Belichtungszeit entsteht, wodurch Striebel hier etwa die Flugbahn eines roten Vogels nachzeichnet. Sodann vermittelt es dank seiner Ähnlichkeit zu einem ausgeworfenen Lasso die Idee, es auch auf einer anderen Sinnebene verstehen zu können.

So könnte Striebel, der als Künstler außerhalb des Bildes steht (das »Lassoende« verläuft ebenfalls zum Rand), durch diesen Kunstgriff zum Ausdruck gebracht haben, wie er die einzigartige Atmosphäre sowie seine in diesem Moment beim Anblick der Landschaft empfundenen Gefühle »eingefangen« hat.

Die bei Striebel fehlenden menschlichen Figuren finden sich durchgängig in den Skulpturen Bérards, die er meist spontan und ohne vorherige Skizze mit verschieden großen Kettensägen aus seinem Werkstoff Holz herausgearbeitet hat.

Obwohl in der Ausstellung nicht unmittelbar aufeinander bezogen (doch durchaus angemessen das zentrale Gartenbild Striebels flankierend), kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Figuren »Eva« und »Adam« kontextuell zueinander in Beziehung stehen und eine gemeinsame Betrachtung erfordern. Entgegen der Schöpfungserzählung (Gen 2), in der sich beide ihrer Nacktheit gewahr wurden, ihretwegen schämten und sich Schurze aus Feigenblättern flochten, um ihre Blöße zu bedecken, baut sich Bérards Eva selbstbewusst auf. Sie präsentiert stolz ihren nackten Körper samt Geschlecht, indem sie ihre linke Hand auf den Rücken legt und prononciert mit der erhobenen Rechten auf sich zeigt, ohne dabei ihren Körper zu bedecken.

Noch bevor Adam bemerkt, dass er selbst nackt ist - seine linke Hand hängt herab, ohne seine Scham zu bedecken -, erblickt er die Blöße seiner Frau und verhüllt mit seiner Rechten sein Gesicht. Einerseits angstvoll, andererseits fasziniert von dem Anblick, der sich ihm durch das eine, an der Hand vorbeispähende und auf Eva gerichtete Auge offenbart.

Das Gegenstück zu diesem makellosen Körper stellt die Arbeit »Aphrodite« dar. Verwirrt stellt man fest, dass Bérard die Göttin der Liebe und Schönheit mit ihren sowohl durch die raue Oberfläche als auch durch die entsprechende Maserung zum Ausdruck gebrachten Falten an Hals und Gesicht sowie ihren asymmetrischen Hängebrüsten als alte Frau gestaltet hat. Vergänglichkeit von Schönheit dürfte mithin die Kernaussage des Werkes bilden. Selbst die unsterbliche Schönheitsgöttin ist dem Zahn der Zeit ausgeliefert, wie mehr dagegen wir Menschen? Dennoch ist ihrem Gesicht und ihrem erhobenen Kopf ein gewisser Stolz nicht abzusprechen. Tragen also auch wir unsere Alterserscheinungen mit Würde. (GEA)

 

 

 

 

 

Reutlinger Generalanzeiger vom 02. 08. 2017

Reutlinger Ausstellung - Wunderbar farbfrische Aquarelle Altmeisterin Doris Knapp entzückt in der Pupille VON ARMIN KNAUER REUTLINGEN. Mit 94 Jahren ist sie gewissermaßen die Alterspräsidentin der Reutlinger Kunst-Szene. Was sie da derzeit jedoch in der Produzentengalerie Pupille zeigt, erinnert so gar nicht an ein weltweises Alterswerk. Die Aquarelle, die man dort sieht, verblüffen vielmehr durch ein frisches, frühlingshaftes, geradezu jugendlich keckes Farbenspiel. Schattenfarbspiele am Ufer: Doris Knapps Aquarell »Am Wasser« (Ausschnitt). FOTO: Armin Knauer Da brennt Gelb wie ein intensiver Sommermorgen, da atmet Blau die Tiefe des Meeres, da brodelt Rot wie Lava im Vulkan. Da vermeint man im kühlen Türkis den Geruch von Schatten und Feuchtigkeit zu spüren. Faszinierend, welche Intensität die Reutlinger Künstlerin dabei erreicht. Erstaunlich auch, wie stark - zumindest auf den ersten Blick - das zeichnerische Element in den Hintergrund gerückt ist. Von der Zeichnung kommt die 1923 in Ostpreußen geborene Künstlerin ja eigentlich her. Wie viele Frauen ihrer Generation war für sie ein Kunststudium in der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht möglich; der Lebensunterhalt für die Familie hatte Vorrang. Also wurde sie Zahnärztin, erst in Berlin, später in Reutlingen. Den Kontakt zur Kunst hielt sie dennoch, wie Helmut Zirkelbach in seiner Einführung erläuterte: durch abendliche Aktzeichenkurse. Erst im Ruhestand wurde sie zur Vollzeit-Künstlerin. Ein Selbstporträt beim Zeichnen aus den 1980ern im Eingangsbereich macht klar, zu welcher Meisterschaft sie es in der Figurendarstellung gebracht hat. Und doch verschwindet die Figur aus ihrem Werk. Noch stärker der Drang, Farbe und Form für sich selbst sprechen zu lassen. Doris Knapp findet dafür bewundernswert schlüssige Lösungen. Ihr Metier wird die abstrakte Farbfeld-Malerei, wie sie der Amerikaner Mark Rothko geprägt hat. Innerhalb dieses Stils verfolgt sie drei verschiedene Ansätze, um das Spiel von Farbe und Form zu strukturieren. Der erste Ansatz gliedert den Bildraum in ein schachbrettartiges Raster. Ein zweiter bespielt ihn mit organisch wirbelnden fleckenartigen Texturen. Der dritte, in dieser Schau am häufigsten, überzieht das Aquarellpapier mit einem Farbverlauf, etwa von Orange nach Gelb oder von Blau nach Grün. Dieser vertikale Verlauf wird nahe dem oberen Bildrand horizontal von einem Bündel schmaler Bänder in scharf kontrastierenden Farben durchzogen - wie in der Art eines Horizonts. Pulsierende Bild-Rhythmik Der schachbrettartige und der fleckenartige Ansatz sind dabei wie Antipoden. Beide schöpfen, meist in glühenden Rottönen, ihre Energie aus dem Widerstreit von Ordnung und Freiheit. Im Schachbrett-Ansatz scheint der Ordnungswille die Oberhand zu haben; doch in der individuellen Abweichung der Pinselführung schleicht sich ein Freiheitsmoment wie durch die Hintertür ein. Umgekehrt in den Fleckenbildern, auf denen erst mal völlig wild die Elemente zu toben scheinen - die aber dann doch wieder durch unterschwellige Ordnungskräfte gezähmt werden. Letztlich schaffen beide Prinzipien ein starkes Pulsierens, ja fast einen »Groove«: einen Rhythmus der Formen, wenn das Auge des Betrachters darüberstreicht; und einen Rhythmus der Pinselschwünge beim Entstehen der Bilder. Einführungsredner Helmut A. Zirkelbach fühlte sich durch die so geduldig wie ausdauernd gesetzten Einzelelemente im Malprozess gar an ein »meditatives Gebet« erinnert. Die Farbverlaufbilder (der dritte Ansatz) reduzieren das Ordnungsmoment auf das eine einschneidende Element des »Horizontbands« nahe dem oberen Bildrand. Es gibt dem Bild (und dem Auge) Halt und innere Stabilität - und schafft gleichzeitig für den Rest des Bildraums eine große Freiheit. Hier kann sich die Farbe fern jeder Eingrenzung durch Ränder, Linien und Konturen ganz in ihrem Eigenleben entfalten. Hier wird sie zum unbestrittenen Hauptakteur. Hier entfaltet sie ein Sonnenleuchten, das von keiner anderen Struktur mehr gebremst wird. Hier lässt sie den Blick in eine türkisblaue Dämmerung eintauchen, deren Kühle, auch das erwähnt Zirkelbach, man förmlich zu spüren glaubt. Im selben Raum finden sich auch Aquarelle, in denen Doris Knapp sich mit Landschaft auseinandersetzt. Landschaft darstellen, darum geht es ihr bereits in den zwei Dünenbildern aus ihrer Urheimat in der kurischen Nehrung im heutigen Litauen nicht mehr. Stattdessen ist der Dreiklang von Wasser, Himmel und Sand kubistisch in die Fläche geklappt. Licht, Luft,Wasser In den Aquarellen vom Bodensee, verschwindet die Landschaft als Gegenstand vollends. Übrig bleibt eine ausdrucksstark bewegte Beschwörung von Licht, Luft und Wasser. Von Bild zu Bild kann man verfolgen, wie sich unter ihrem Drang zur Organisation des Bildraums die Bewegungskräfte immer mehr zur meditativen Stille ihrer Farbverläufe beruhigen. Das zentrale Bild an der Stirnwand ist dabei der Punkt, an dem die Entwicklung zum Abschluss kommt: ein Himmelblau, das in stetigem Verlauf in tiefdunklem Ultramarin versinkt, gehalten von einer subtilen Querbänderung. Am Ende steht die in einen freien Gedankenraum weisende Abstraktion, die jedoch bei ihr eine ganz andere ist als bei Rothko. Sind dessen Farbflächen spirituelle Kraftfelder, so sind die von Doris Knapp sublimierte Landschaft. Die - längst ihrerseits abstrahierte - Horizontlinie erinnert daran. Ausstellungsinfo Die Ausstellung »Stationen – Aquarelle« von Doris Knapp in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen, ist bis 27. August zu sehen, jeweils Freitag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr. (GEA)

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Reutlinger Generalanzeiger vom 14. 07. 2017

 

 

REUTLINGER AUSSTELLUNG - Tanja Niederfeld zeigt in der Galerie Pupille ihre Arbeiten. Im Zentrum: zwei Frauenpersönlichkeiten 

 

Tanja Niederfeld: Resi oder die Frage nach dem Glück

 

VON GABRIELE BÖHM

 

REUTLINGEN. Nach »Gertrud«, die die Reutlinger Künstlerin Tanja Niederfeld bei ihrer Ausstellung im Jahr 2015 in der Produzentengalerie Pupille präsentierte, sind es nun die Gemälde »Resi« und »Mimi«, die die Augen der Betrachter auf sich ziehen. Am Freitagabend wurde die neue Ausstellung mit dem Titel »raumgefühl#2« mit vielen Besuchern eröffnet.

 

 

Malerei geht über in Gesticktes: Tanja Niederfeld vor ihrem Bild »Mimi«. FOTO: BÖHM

 

»Resi« ist eine sorgfältig frisierte ältere Dame im geblümten Kleid, die lächelnd in ihrem Sessel sitzt, hinter sich eine Wand aus Kartons mit transparenten Deckeln, die den Blick auf Paradepuppen freigeben. Mal mit hellen, mal mit dunklen Haaren, abwechselnd in grünen und rosa Ballkleidern altern sie nicht, bewahren ihre Jugend, sind jedoch stereotyp und zeigen in ihren Gesichtern keinerlei Gefühlsregung.  

»Resi sitzt inmitten ihres größten Schatzes«, erläutert Tanja Niederfeld. »Die Paradepuppen hat sie auf dem Jahrmarkt durch Lose bekommen, für die sie ihr Geld ausgegeben hat.« Aber die Puppen als Hauptgewinn zu bekommen, bedeute Glück für sie. Dabei ist eine der Puppen noch nicht fertig gemalt. »Manchmal bleibt das Glück Stückwerk«, meint die Künstlerin. »Das große Glück bekommt man nicht auf einmal.« 

 

Inmitten von Blüten 

 

Auf der anderen Seite des Raumes lernt der Betrachter »Mimi« kennen, eine jüngere Frau, die ihr schwarzes Kleid als Dame um 1900 ausweist. Sie sitzt inmitten überdimensionaler gemalter Blüten, die sich über den Bildrand hinaus als gestickte Blumen in einem Netzgewebe fortsetzen. Geradezu paradiesisch, wäre da nicht die schwarz-weiße Farblosigkeit, in der Tanja Niederfeld ihre Protagonistin darstellt. Und beim näheren Hinsehen scheinen auch einige der Blüten blass und unvollständig. Der Blick bleibt haften am Gesicht der jungen Frau, das nichts von der Blumenpracht widerspiegelt, sondern im Ausdruck verhalten, nachdenklich, ein wenig müde erscheint.  

Ja, meint Tanja Niederfeld, die beiden Frauen seien reale Personen, die sie kenne. »Aber das ist unwichtig«, meint sie. »Wichtig ist mir die Auseinandersetzung des Betrachters mit dem eigenen Leben anhand der beiden Bilder.« Wer bin ich, wo stehe ich, was möchte ich, was bedeutet für mich Glück? Das seien Fragen, zu denen sie anregen wolle. 

»Tanja Niederfeld gibt uns keine Anleitung, sondern Nüsse zu knacken«, sagte Clemens Ottnad in der Einführung. Der Kunsthistoriker und Geschäftsführer des Künstlerbundes Baden-Württemberg erinnerte an die Auseinandersetzung Dostojewskis mit dem menschlichen Glück und an den Gegenpol Paul Watzlawick mit seiner »Anleitung zum Unglücklichsein«.  

Nüsse gibt es in der Ausstellung übrigens real zu sehen. Die Künstlerin hat sie aus Porzellan geschaffen und auf Podesten genau zwischen beiden Frauenbildern platziert - im Spannungsfeld eines Lebens von der Jugend bis zum Alter, zwischen Träumen und Realität, Erwartung und Erfüllung.

 

Ausstellungsinfo

 

Die Ausstellung »raumgefühl#2« mit Malerei und Installation von Tanja Niederfeld ist bis 16. Juli zu sehen, jeweils Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen. (GEA) 

 

 

 

Reutlinger Generalanzeiger vom 11. 07. 2017



Dienstag, 11. Juli 2017
KULTUR 07.07.2017 - 07:38 Uhr REUTLINGER AUSSTELLUNG - Tanja Niederfeld zeigt in der Galerie Pupille ihre Arbeiten. Im Zentrum: zwei Frauenpersönlichkeiten
Malerei geht über in Gesticktes: Tanja Niederfeld vor ihrem Bild »Mimi«. FOTO: BÖHM
Tanja Niederfeld: Resi oder die Frage nach dem Glück
VON GABRIELE BÖHM REUTLINGEN. Nach »Gertrud«, die die Reutlinger Künstlerin Tanja Niederfeld bei ihrer Ausstellung im Jahr 2015 in der Produzentengalerie Pupille präsentierte, sind es nun die Gemälde »Resi« und »Mimi«, die die Augen der Betrachter auf sich ziehen. Am Freitagabend wurde die neue Ausstellung mit dem Titel »raumgefühl#2« mit vielen Besuchern eröffnet.
»Resi« ist eine sorgfältig frisierte ältere Dame im geblümten Kleid, die lächelnd in ihrem Sessel sitzt, hinter sich eine Wand aus Kartons mit transparenten Deckeln, die den Blick auf Paradepuppen freigeben. Mal mit hellen, mal mit dunklen Haaren, abwechselnd in grünen und rosa Ballkleidern altern sie nicht, bewahren ihre Jugend, sind jedoch stereotyp und zeigen in ihren Gesichtern keinerlei Gefühlsregung.
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»Resi sitzt inmitten ihres größten Schatzes«, erläutert Tanja Niederfeld. »Die Paradepuppen hat sie auf dem Jahrmarkt durch Lose bekommen, für die sie ihr Geld ausgegeben hat.« Aber die Puppen als Hauptgewinn zu bekommen, bedeute Glück für sie. Dabei ist eine der Puppen noch nicht fertig gemalt. »Manchmal bleibt das Glück Stückwerk«, meint die Künstlerin. »Das große Glück bekommt man nicht auf einmal.« Inmitten von Blüten Auf der anderen Seite des Raumes lernt der Betrachter »Mimi« kennen, eine jüngere Frau, die ihr schwarzes Kleid als Dame um 1900 ausweist. Sie sitzt inmitten überdimensionaler gemalter Blüten, die sich über den Bildrand hinaus als gestickte Blumen in einem Netzgewebe fortsetzen. Geradezu paradiesisch, wäre da nicht die schwarz-weiße Farblosigkeit, in der Tanja Niederfeld ihre Protagonistin darstellt. Und beim näheren Hinsehen scheinen auch einige der Blüten blass und unvollständig. Der Blick bleibt haften am Gesicht der jungen Frau, das nichts von der Blumenpracht widerspiegelt, sondern im Ausdruck verhalten, nachdenklich, ein wenig müde erscheint.
»Sticken war das, was man mit den Frauen früherer Generationen verbindet«, so die Künstlerin. »Und man hat ihnen genau gesagt, wie sie die Stickerei zu machen hatten klein, fein, mit sorgfältig vernähten Fäden.« Teil des Korsetts, in das Frauen gepresst gewesen seien. Genau deshalb habe sie ihre Stickblüten groß gemacht und die Endfäden herunterhängen lassen. Im Korsett ihrer Zeit Ja, meint Tanja Niederfeld, die beiden Frauen seien reale Personen, die sie kenne. »Aber das ist unwichtig«, meint sie. »Wichtig ist mir die Auseinandersetzung des Betrachters mit dem eigenen Leben anhand der beiden Bilder.« Wer bin ich, wo stehe ich, was möchte ich, was bedeutet für mich Glück? Das seien Fragen, zu denen sie anregen wolle.
»Tanja Niederfeld gibt uns keine Anleitung, sondern Nüsse zu knacken«, sagte Clemens Ottnad in der Einführung. Der Kunsthistoriker und Geschäftsführer des Künstlerbundes Baden-Württemberg erinnerte an die Auseinandersetzung Dostojewskis mit dem menschlichen Glück und an den Gegenpol Paul Watzlawick mit seiner »Anleitung zum Unglücklichsein«.
Nüsse gibt es in der Ausstellung übrigens real zu sehen. Die Künstlerin hat sie aus Ton geschaffen und auf Podesten genau zwischen beiden Frauenbildern platziert - im Spannungsfeld eines Lebens von der Jugend bis zum Alter, zwischen Träumen und Realität, Erwartung und Erfüllung. Ausstellungsinfo Die Ausstellung »raumgefühl#2« mit Malerei und Installation von Tanja Niederfeld ist bis 16. Juli zu sehen, jeweils Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen. (GEA

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Reutlinger Generalanzeiger vom 01. 06. 2017

 

 

Reutlinger Generalanzeiger vom 13. 05. 2017

Ausstellung - Siegfried Albrecht in der Galerie Pupille

Inspiriert von Italien

VON BIRGIT VEY

 

REUTLINGEN. Südländische Landschaften interessieren Siegfried Albrecht, deren sonnendurchflutete Ebenen er in Gemälden festhält. Der Stuttgarter arbeitet jedoch auch im schwarz-weißen Metier und nutzt dafür die Vielfalt der Radiertechniken. Diese in Kaltnadel, Grafit oder Wachsätzung entstandenen Drucke machen den Hauptteil seiner Ausstellung bis 21. Mai in der Produzentengalerie Pupille aus. Dort ist der Künstler zum ersten Mal zu sehen, und er lockte bei der Vernissage so viele Interessierte an, dass der Raum brechend voll war.Das künstlerische Rüstzeug erwarb Albrecht durch sein Studium an der Stuttgarter Kunsthochschule. Für die Theorie folgte ein zweites Kunststudium in Tübingen. Zweigleisig arbeitet er, neben der Pleinairmalerei, dem Arbeiten im Freien, entstehen Radierungen im Atelier. Olivenhaine oder Täler mit ihren Wegen und Bäumen sind unter anderem seine Motive. »Die Landschaftsmalerei ist wieder aktuell. Naturthemen haben heute wieder an Bedeutung gewonnen«, versichert er.

Zerstörte Landschaft

Auch an zerstörte Naturflächen möchte Albrecht erinnern und erwähnt Areale in der Größe zweier Fußballfelder, die täglich in Deutschland für Bauprojekte genutzt werden und damit als grüne Oasen verloren gehen. Gegenentwürfe sind seine eingefrorenen Landschaftsbilder, in denen Naturräume erhalten bleiben - wenn auch nur in bildlicher Form.Für die Gemälde fuhr der Künstler in Gegenden südlich von Rom. In Kalabrien etwa hielt er die Felder von Altomonte in leuchtendem Orange und Gelb fest und umrahmte sie mit hellen Blautönen. Deutlich dunkler gestaltet sind andere Blätter, etwa die Arbeiten »Gennargentu, Sardinien«. Solche unterschiedlichen Lichtverhältnisse hat Albrecht hautnah erlebt und spontan in Stimmungsbilder verwandelt.Anders verhält es sich mit den Radierungen. Überlegtes und geplantes Handeln - Kopfarbeit - ist bei den Tiefdruck-Techniken gefragt, für die Albrecht die Werkstätten der Stuttgarter Hochschule nutzte. »Manchmal dauert es Monate, bis ein Blatt fertig ist«, erklärte der Künstler. Ausschnitte aus den Gemälden zeigt mancher Druck. In weiteren Bildern wurden die Motive abstrahiert, verschmelzen Berge und Himmel zu strukturierten Flächen. Und doch lassen sich darin noch Landschaften erahnen, etwa in der dreiteiligen Serie »Perdasdefogu, Sardinien«. Die Flächen ganz von Gegenständlichem befreit, dann geschichtet und zum rhythmisierenden Muster verwoben sind weitere Blätter. Orte gibt der Künstler bei diesen Arbeiten zwar an, doch sie verweisen nicht mehr auf eine konkrete Landschaft. Vielmehr stehen diese Schichtungen für sich, wurden zur reinen Form. Und der Drucker spannt den Bogen weit, versteht die Überlagerungen auch als globales Prinzip. »Weltlandschaft« nennt er die abstrakte Radierung »Tondo«. Es ist das einzige Bild in Kreisform - damit verweist Albrecht auf den Erdball. (GEA)

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Reutlinger Generalanzeiger vom 13. 02. 2017

Ausstellung - Susanne Gayler zeigt ihre Arbeiten seit dem Wochenende in der Produzentengalerie Pupille

Improvisationen auf der Leinwand

VON BIRGIT VEY

 

REUTLINGEN. Musik und Malerei verschmelzen bei Susanne Gayler. Als Anregung dienten ihr Konzertproben, bei denen die Pfullinger Künstlerin erste Skizzen anfertigte. Auch in den folgenden Arbeitsschritten dienten ihr Klänge als Inspirationsquelle, und sie setzte ihre Motive spontan um. Aus dem Stegreif heraus Entstandenes – darauf zielt der Ausstellungstitel »Improvisation« in der Reutlinger Produzentengalerie »Pupille« ab.

Klangwelten verwandelt die gebürtige Reutlingerin in Farbwelten und nutzt dazu Eitempera, Aquarell oder Mischtechniken. Farbenfrohe Werke entstanden. Intensive Tönungen, mit denen sie »die Energie der Musik«, zeigen möchte. Temperament und Tempo, die Gesang und Instrumente verströmen, fror die Malerin auf der Leinwand zum bleibenden Moment ein.

Wichtig war ihr zudem »die Atmosphäre, die Musik ausbreitet« einzufangen. Darauf verweisen Titel wie »aufbrechend« und »blühend«. Wie eine aufgehende Knospe, die ihre Schönheit schrittweise entfaltet, entwickelt Musik allmählich ihre Wirkungen, zieht sie nach und nach in den Bann.

Die Bewegungen der Musiker und ihr Zusammenspiel waren weitere Aspekte, die Susanne Gayler interessierten. Sichtbar gemacht beispielsweise im Gemälde »Session I«. In der Bildmitte steht die Sängerin im roten Kleid und der nach oben wirbelnden Haarmähne. Nach vorne gebeugt ist ihr Körper. Angespannt wirkt sie, während der dahinter stehende Gitarrist Gelassenheit ausstrahlt. Dazu kommt ein Bassist. Keiner der Dreien schaut sich an – und doch scheinen alle mit einem geheimen Band verbunden zu sein. Besonders fest verankert ist der Gitarrist mit der Musik: Seine Beine gehen in Wurzeln über.

Ein Kopf wandert durchs Bild

Über die Instrumente gleitende Finger, klatschende Hände und eine Stimme, die als weißes Band durchs Bild schwebt, hielt Susanne Gayler in anderen Werken fest. In diese skizzenhaften Arbeiten oft eingebunden sind Köpfe.

Dazu gehört beispielsweise »Echo«, bei dem ein Kopf durch das Bild wandert und dabei immer kleiner wird. Den ausklingenden Schall hat die Künstlerin hier visualisiert. Fantasie und Einfühlungsvermögen zeichnen ihre Werke aus, das demonstriert auch »Nacht«. Aus dem Gesicht des Cellisten fließen kugelförmige Gebilde (vielleicht Tränen?), die ihn umschließen und schließlich überdecken: Wie der Musiker ganz in seinem Spiel aufgeht, formte die Künstlerin auf ihre ganz eigene Weise.

Vielfach findet Gayler ihre eigene Bildsprache, wie die Schau aufdeckt. Im Blutton Rot gehalten, durchziehen Organe, Zellen und Nervenbahnen beispielsweise das Bild »glühend«. Dass Jazz, Klassik, Hip-Hop und Co. für Spieler ein Lebenselixier ist, spiegelt sich auf dem Blatt. Den Puls der Takte greift Gayler zudem bei Titeln wie »Wirbel« oder »Im Probenraum« auf. Er schwingt bei allen der knapp 30 ausgestellten Werke mit. (GEA)
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Reutlinger Generalanzeiger vom 16. 01. 2017

 

16.01.2017 - 08:00 Uhr Reutlinger Ausstellung - Rita Viehoff setzt sich in der Reutlinger Produzentengalerie Pupille mit Flüchtlingsschicksalen auseinander

»Rita Viehoff – Mare nostrum«: Gesichter für die vielen Namenlosen

VON GABRIELE BÖHM

REUTLINGEN. Rita Viehoff ist eine Frau, die hinsieht. Ihre künstlerische Auseinandersetzung mit dem Schicksal der vielen namenlosen Flüchtlinge, die im Mittelmeer ertrunken sind, bestimmt die Gastausstellung »Mare nostrum«, die unter reger Beteiligung am Freitagabend in der Produzentengalerie Pupille eröffnet wurde.

Rita Viehoff: Triptychon mit den Darstellungen einer Flüchtlingsfamilie, zu sehen in der Produzentengalerie Pupille. FOTO: BÖHM
Rita Viehoff: Triptychon mit den Darstellungen einer Flüchtlingsfamilie, zu sehen in der Produzentengalerie Pupille. FOTO: BÖHM
Das Mittelmeer, so Rita Viehoff aus Wetter an der Ruhr, sei für uns immer ein Synonym für Entspannung, Sehnsucht und kulturellen Reichtum gewesen. »Doch seitdem die Bilder von Bootsflüchtlingen aus den Medien nicht mehr wegzudenken sind, seitdem Katastrophenmeldungen über gekenterte Schiffe und überforderte Seenotretter zum Alltag gehören, hat sich der Blick auf dieses Meer verändert.«

Mensch und Meer werden eins

In ihrem Werk hat Rita Viehoff den Personen, die einmal einen Namen und eine Identität hatten und die anonym im Meer verschwanden, ein Gesicht gegeben. In ihrer in monochromem Blaugrün gehaltenen Serie »Requiem« (Acryl auf Leinwand) haben Menschen und Meer dieselbe Farbe. Frauen, Männer und Kinder, die ein Teil der Fluten geworden sind, tauchen reflexartig noch einmal auf und lassen den Betrachter ihre Trauer, Verzweiflung, Müdigkeit, Angst oder Resignation erkennen.

Die Gesichter hat die Künstlerin Fotos oder Videos über Bootsflüchtlinge entnommen, denen sie bei einer Reise nach Marokko 2014 zum ersten Mal begegnete und deren Schicksal sie nicht mehr losließ.

Die Darstellungen sind angeschnitten, sodass man sie als Teil einer Szenerie begreift, die unwillkürlich vor dem Auge des Betrachters erscheint. Andere Bilder, wie »Mare nostrum«, zeigen das Meer selbst als dunkles, bedrohliches, unberechenbares Element. In der Mitte des Ausstellungsraums liegen schwarze Säcke, wie Fundstücke, auf die mit weißer Farbe drastisch die Phasen des Ertrinkens notiert sind.

»Das Erzählen über die Tragödie ist immer auch ein Erzählen über uns selbst«, sagte Rita Viehoff im Dialog mit Helmut Zirkelbach vom Vorstand der Pupille. »Jede Havarie ist auch ein Kentern unserer Gesellschaft.«

Toter Junge am Strand

Den Kontrast von bedrohten Menschen und der Wohlstandsgesellschaft verdeutlicht die Künstlerin in der Serie »Das Näherrücken der Meere«. Sensationsgier, ausgedrückt durch Kameraobjektive, bildet den Kontrast zu einem Menschen im Auffanglager hinter Gittern. Ein Helfer trägt ein Kind in seinen Armen, während im Hintergrund Touristen ihren Badeurlaub genießen. Rettungskräfte bemühen sich, doch im Vordergrund liegt der tote Junge Aylan auf dem Strand.

Altarbild aus Seifen

Andere Darstellungen zeigen die Flüchtlinge als Gestalten im Dunst oder auf einem Triptychon. In reduzierter, das Wesentliche herausstellenden Farbigkeit hat Rita Viehoff auch den Helfern, die immer wieder Flüchtlinge bergen, ein Denkmal gesetzt. Mit einer Installation, in der Seifen aus Aleppo die Stelle eines Altarbildes einnehmen, erinnert sie aber auch an die uralte Kultur einer Stadt, in der seit dem 8. Jahrhundert Seife hergestellt wird und in der heute durch die Kriegszerstörungen nur noch wenige Betriebe diesem traditionellen Handwerk nachgehen können.

Ausstellungsinfo


Die Ausstellung »Rita Viehoff – Mare nostrum« in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen, ist noch bis zum 27. Januar zu sehen. Geöffnet ist Donnerstag, Freitag und Sonntag jeweils von 15 bis 18 Uhr. (GEA)          

 

 

Schwäbisches Tagblatt Tübingen vom 16. 01. 2017

Reutlinger Generalanzeiger vom 08. 12. 2016

Reutlinger Ausstellung - 20 Künstler zeigen Arbeiten zum Thema »Spiegelungen«

Gebrochene Wirklichkeiten in der Produzentengalerie Pupille

VON CORNELIUS VOLLMER

REUTLINGEN. Seelenzustände, das eigene Ich, Stärken oder Schwächen: Spiegel und Spiegelungen helfen uns, sonst kaum sichtbare oder messbare Faktoren abzubilden. Allerdings sind Spiegelungen immer nur Abbilder eines Originals und damit gebrochene Wirklichkeiten, Illusionen. Sie sind daher dem Wesen der Kunst vergleichbar, die als Ausdrucksmittel des Menschen ebenfalls Empfindungen, Botschaften und Realitäten mal wirklichkeitsgetreuer, mal verzerrter abzubilden versucht.

Ingrid Swoboda: Malerei »Fata Morgana« (Ausschnitt). FOTO: VOLLMER
Ingrid Swoboda: Malerei »Fata Morgana« (Ausschnitt). FOTO: VOLLMER
Kein Wunder, dass Spiegel und Spiegelungen seit jeher die Künstler fasziniert haben. So präsentiert auch die Reutlinger Produzentengalerie Pupille in ihrer Jahresausstellung unter dem Motto »Spiegelungen« die Arbeiten von insgesamt 20 Künstlern, die sich mit unterschiedlicher Aussagekraft facettenreich mit dem Thema auseinandergesetzt haben.

Gabriele Seeger zeigt uns in zwei Werken in Rot gehaltene »fiktive Orte« in einer durch verschiedene Blautöne gekennzeichneten Meer- und Berglandschaft, bisweilen vor blauem Himmel. Dabei unternimmt sie innerhalb der Bilder – wie beim Kubismus – einen Perspektivwechsel, indem sie uns die Motive mal von oben, mal von der Seite spiegelt. Auch dient einmal die Wasseroberfläche als Spiegel für eine Stadt.

Heiligenschein und Engelsflügel

Elke Roth hat sich des Themas mit einem türkischen Travertinblock angenommen, den sie in der Mitte gespalten hat. Durch zusätzliche Politur der entstandenen Oberflächen hat sie seine faszinierende Binnentextur freigelegt. Je nachdem, wie die Maserung beziehungsweise Äderung des Steins angeschnitten wurde, nähert sich die Spaltebene einer Spiegelebene an. Zudem spiegelt die Anordnung der Blöcke ein aufgeschlagenes Buch wider, bei dem die beiden gegenüberliegenden »Seiten« die Jahrmillionen alte »Lebensgeschichte« des Steins erzählen.

Eine skizzenhafte Bildergeschichte führt uns Kirsten von Zech-Burkersroda vor Augen. Darin beginnt sich Gottfried Lehmann an Weihnachten vor seinem eigenen Spiegelbild zu fürchten, weil es plötzlich Heiligenschein und Engelsflügel zeigt. Über den sodann davonschwebenden Spiegelbild-Engel gerät Herr Lehmann ins Grübeln. Ist er nun einem Engel begegnet, ist er selber einer oder wird er subtil aufgefordert, einer zu sein?

Zwei Holzschnitte von Tanja Niederfeld zeigen in stark reduzierten Formen die Hochfläche der Alb, wie sie in ruhiger, etwas melancholischer Stimmung vornehmlich durch Wiesen, vereinzelt durch Wäldchen und Wege gegliedert wird. Bei genauem Hinsehen entsprechen sich beide Bilder insofern, als sie den Blick in die jeweils entgegengesetzte Richtung freigeben. Der solchermaßen ausgedrückte gespiegelte Blick ist freilich immer auch der Blick in und auf das eigene Selbst. Handelt es sich um eine Form des Selbstporträts?

Gekonnt taucht Xenia Muscat die immer gleiche Vase in unterschiedliches Licht und lässt auf ihrer glasierten Wandung verschiedene Anblicke reflektieren: Interieur, einen Mann in der Landschaft, Schnee vor dem Fenster.

»Fata Morgana« heißt das Werk von Ingrid Swoboda, in dem die Künstlerin uns halb abstrakte, halb gegenständliche Motive vor Augen führt und mit der Sinnestäuschung einer Luftspiegelung spielt. Bei Gisela List setzt eine expressive, überlängte weibliche Aktfigur zum Kopfsprung an. Während sie in einer schwarzen Oberfläche gespiegelt wird, scheint eine andere schwarze Fläche hinter ihr sie entweder festzuhalten oder just nach unten zu drücken. Spiegelt sich darin ein besonders düsterer Seelenzustand? Das Werk »Melancholie« mit einem den Weltschmerz spiegelnden Kopf des Radierers Helmut Anton Zirkelbach – bestehend aus Druckplatte und Abdruck – trägt dem Thema insofern Rechnung, als damit Positiv und Negativ dieses Druckgrafikverfahrens gegenübergestellt sind.

Abbild eines Abbilds

Das einzige Werk, das sich eines echten Spiegels bedient, ist »Die Hände meiner Mutter« von Helga Mayer. Dabei spiegelt sich eine aus Gips modellierte rechte Hand, die auf der Sitzfläche eines Stuhls liegt, in der Rückenlehne und täuscht uns so das Vorhandensein beider Hände vor. Doch sehen wir im Spiegel lediglich das in die Fläche projizierte Abbild eines räumlichen Abbilds von einer Wirklichkeit, die gar nicht mehr existiert. So ist auch der Tod eine Wirklichkeit des Lebens, jedoch nicht fassbar und von unbekannter Dimension. Friedel Grießer stellt eine Fläche mit einem sorglos drapierten und teilweise zerrissenen aufgeklebten Netz aus Garn einer mit groben Pinselzügen in Gelb und Hellblau gestalteten Fläche gegenüber. Will uns die 97-Jährige damit die sich Bahn schlagende Befreiung aus der Gefangenschaft zur vollständigen Freiheit widerspiegeln?

Wie daneben noch Susanne Gayler, Karl Striebel, Uta Albeck, Izumi Yanagiya, Heinz Danzer, Margarete List, Petra Blum-Jelinek, Doris Knapp, Renate Quast und Gisela Achour in ihren Werken das Motto »Spiegelungen« interpretiert haben, lässt sich bei einem Gang durch die Ausstellung noch bis zum 18. Dezember entdecken.

Ausstellungsinfo


Die Jahresausstellung »Spiegelungen« des Pupille-Vereins in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen, ist noch bis zum 18. Dezember zu sehen. Geöffnet ist jeweils Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr. (GEA)

Schwäbisches Tagblatt vom 8. 12. 2016

Reutlinger Generalanzeiger vom 04. 11. 2016

 

Ausstellung - Elke Roth setzt sich in der Produzentengalerie Pupille mit frühen Hochkulturen auseinander

Götter und ein Totengericht

VON CORNELIUS VOLLMER

 

REUTLINGEN. Die Produzentengalerie Pupille in Reutlingen ist kaum wiederzuerkennen. Der sonst helle Raum ist mit schwarzen Tüchern verhängt. Der Boden mit Geröllsteinen ausgelegt, auf denen ein Wald von steil aufragenden Stelen mit Scheinwerfern geheimnisvoll in Szene gesetzt wird. Daneben stellt – nicht minder mysteriös – eine Figurengruppe mit tierköpfigen Göttern ein altägyptisches Totengericht dar.

Mit dieser beinahe religiös-dramatisch anmutenden Rauminstallation präsentiert die Bildhauerin Elke Roth unter dem Motto »Mythos und Unendlichkeit« ihre neuesten Werke. Dabei setzt sie sich mit den seit jeher das menschliche Dasein beschäftigenden Fragen nach einem Leben nach dem Tod auseinander. Inspirationen holte sie sich bei den Grabstelen des aksumitischen Königreichs, das von 150 v. Chr. bis 700 n. Chr. auf dem Gebiet des heutigen Äthiopien existierte. Roth faszinieren nicht nur ihre Form, sondern auch die darauf abgebildeten archaischen Motive: Gleich Häusern für die Ewigkeit sind sie gestaltet mit reliefierten Scheintüren und -fenstern, die geschlossen sind und so die erst im Tod zu überwindende Grenze ins Jenseits markieren.

Hinterlassene Spuren

Auf einer anderen Stele lässt sich mit fast naiv gezogenen Linien ein Haus erkennen. Es scheint aus einem Blütenkelch emporzuwachsen und dürfte die Wohnstatt für den nach dem Tod ins ewige Leben neu Geborenen symbolisieren. Schließlich lässt sich ja die Stele an sich mit ihrer aufrechten (also lebendigen) sowie himmelwärts strebenden Form kulturen- und epochenübergreifend als Sinnbild für die Hoffnung auf ein jenseitiges Leben sehen.

Diese uralten steinernen Zeugen boten die Möglichkeit, so Joana Pape vom Städtischen Kunstmuseum Spendhaus, den »unerträglichen Gedanken vom Ende des menschlichen irdischen Daseins etwas erträglicher zu machen«, da mit ihnen »eine Spur, ein Erinnerungszeichen des eigenen Lebens hinterlassen« worden sei. Bei Roths Stelen findet dann freilich eine interessante Akzentverschiebung statt: Beim aksumitischen Original ist es der Auftraggeber – der König oder der Beamte –, der mit seiner Grabstele im Gedächtnis der Nachwelt überdauern möchte. Der zuständige Baumeister ist unbekannt, geschweige denn sind die Namen der einzelnen Steinmetzen und Bildhauer überliefert. Im Gegensatz dazu ist es bei Roths Werken die Künstlerin selbst, die sich mit ihren Stelen Erinnerungszeichen geschaffen hat. Diese Beobachtung lässt sich noch zusätzlich anhand ihrer Technik verifizieren: So sind ihre Stelen oftmals nicht auf allen Seiten glatt geschliffen und poliert, sondern teilweise grob belassen, um zu zeigen, wie der Stein ausgesehen hat, bevor er von ihr bearbeitet wurde. Dieser Kontrast erlaubt dem Betrachter, deutlich die »Spur« nachzuvollziehen, die Roth hinterlassen hat.

Fragen des Menschseins

Beim ägyptischen Jenseitsgericht, das Roth mit einer vielfigurigen Skulpturengruppe aus Gips und Acryl inszeniert, wird das Herz des Toten, das dem Sitz der Seele entsprach, gewogen. Nur wenn es leichter als eine Straußenfeder war, erhielt der Verstorbene Zugang zum Totenreich.

Der Umstand, dass Roth die Waagschale für das Herz leer belassen hat, lädt den Betrachter dazu ein, sein eigenes Herz wiegen zu lassen und damit sich selbst vor dem Totengericht zu verantworten. Wird man ihm in moralischer und ethischer Hinsicht gerecht werden? Über diese und weitere existenzielle Fragen des Menschseins nachzudenken wird der Besucher herausgefordert. Und das in spannungsreicher Auseinandersetzung mit den eschatologischen Vorstellungen früher Hochkulturen. (GEA)          

 

 Reutlinger Generalanzeiger vom 11. 10. 2016

 

Reflexionen zu Mensch und Natur in der Pupille Reutlingen

VON ARMIN KNAUER

REUTLINGEN. Ist der künstlerische Blick auf die Welt ein anderer, wenn man am anderen Ende der Republik lebt? Die Frage stellt sich, wenn man derzeit die Reutlinger Pupille besucht – und eben nicht auf Werke hiesiger Künstler stößt, sondern auf solche der Produzentengalerie SO-66 in Münster, die hier noch bis 16. Oktober ausstellt. Derlei Gastspiele befreundeter Einrichtungen sind mittlerweile zur festen Einrichtung geworden – und erfreuen mit manch neuer Perspektive.

Florale Makrofotografie von Gisela Schäper in der Pupille.
Florale Makrofotografie von Gisela Schäper in der Pupille. FOTO: Armin Knauer
Das Thema Hafen etwa müsste man in Reutlingen lange suchen. Es hat keinen, Münster jedoch sehr wohl, auch wenn es noch ein ganzes Stück vom Meer entfernt liegt. Aber der Dortmund-Ems-Kanal hat der Westfalen-Metropole einen Hafen eingebracht, der in den 1960ern noch stark florierte und heute noch das Stadtbild prägt. Ulrike Vetter hat er zu zwei »Hafentransparenzen« inspiriert, einer Acrylmalerei und einem Materialdruck. Fein ausbalanciert zwischen geometrischer Abstraktion und landschaftlichen Anklängen schweben hier Farbe und Form und rufen Licht, Luft und Wasser vors innere Auge.

Streifen in Weiß

Ulrike Vetter ist eine von neun Künstlerinnen dieser Produzentengalerie SO-66, die sich nach ihrer Adresse benannt hat: Sie residiert in der Soester Straße 66, in Räumen, die denen der Reutlinger Kollegen offenbar gar nicht unähnlich sind.

Wie bei vielen Pupille-Künstlern zieht sich auch bei den Münsteraner Gästen die Balance zwischen Abstraktion und räumlich-landschaftlichen Anklängen wie ein roter Faden durch. Streng konkret-konstruktivistische Ansätze, die jeden solchen Bezug ausschließen gibt es, sie bleiben aber die Ausnahme. Eigentlich bleibt Martina Wichmann mit ihren abgestuften Streifen von Weiß damit allein.

Wo sich jedoch Bezüge jenseits der reinen Farbe und Form einstellen, ist fast immer die Natur nicht weit, in Münster offenbar so wenig wie am Albrand. Veronika Teigelers Malereien mit Acryl auf Baumwolle sind zwar erstmal reine Farbkompositionen; doch transportieren sie etwas vom Blick in ein Waldesdickicht. Wenn dann doch einmal Reh und Rehkitz ganz naturalistisch auftauchen, ironisiert sie das gleich wieder. Die Natur wird zum Objekt der Vermarktung und schlägt doch wieder zurück, indem sie sich das Reklameschild einverleibt.

Solche Ironie bleibt die Ausnahme. Meist ist der Naturbezug meditativ. Etwa in Gisela Schäpers Makroaufnahmen von Blüten, die vor schwarzem Hintergrund wie wundersame Strukturen einer fremden Welt wirken. Oder in den kleinen »Eisblumen«-Zeichnungen von Waltraud Kleinsteinberg, die abstrakt und floral zugleich sind.

Bei anderen ist der Naturbezug stärker in den Tiefen der Abstraktion verborgen. Bei Anne Fellenberg und Liane Sommer etwa im organischen Wuchern der Formen und im erdigen oder blattgrünen Ton ihrer Palette. Bei Liane Sommer kommen Pflanzenformen wie Zitate hinzu; bei ihr spielen aber auch gezeichnete »Energieströme« eine Rolle; oder das Vorder- und Hintereinander der Strukturen auf Wachspapier, das auf beiden Seiten bemalt ist.

Ästhetik alter Postkarten

Hier und da ist dann aber doch Mensch und Kultur der Bezugspunkt, auffallenderweise immer im Hinblick auf die Vergangenheit. Crista Book spielt mit der Ästhetik alter Postkarten, lässt einen Jägersmann rosa-falschfarben »vergilben«; da mischen sich Humor und Nostalgie. Gabriela Maria Kochs Studien einer sich ausruhenden Frau rufen mit ihrer klassischen Linienführung und dem aus einem Fleckenmosaik heraustretenden Motiv Erinnerungen an verblasste römische Fresken wach.

Bei Waltraud Kleinsteinberg wird die Welt zum surrealen Nostalgie-Jahrmarkt. Ausgeschnittene Schwarz-Weiß-Figuren aus alten Zeitschriften drapiert sie in kleinen Boxen zu liebevollen Mini-Dioramen mit schräger Pointe. Da wird eine riesige Milbe zum Haustier und eine gewaltige Echse zum Babysitter. Ein Kuriositätenkabinett fürs Wohnzimmer-Regal.

Zu sehen sind diese und andere Ideen noch diesen Samstag und Sonntag, 15 bis 18 Uhr, in der Produzentengalerie Pupille, Roseggerstraße 97, Reutlingen. (GEA)

AUSWÄRTSSPIEL

Gemeinschaftsausstellung der Produzentengalerie SO-66 aus Münster 18. 09. – 16.10. 2016

 

Neun Künstlerinnen aus Münster sind zu Gast bei der Produzentengalerie Pupille in Reutlingen und präsentieren eine Auswahl aktueller Arbeiten.
Unter dem Titel „reinweiss“ untersucht Martina Wichmann die Möglichkeiten der Farbe „weiß“. Sie verwendet eine Mischtechnik auf Tuch, unter Einsatz von u. a. Lack, Acryl, Pigment und Kreide. Ulrike Vetter kombiniert Malerei und Materialdruck, um ihre Assoziationen zum Hafen Münster unter dem Titel „Transparenzen“ zu gestalten.
AUSWÄRTSSPIEL Gemeinschaftsausstellung der Produzentengalerie SO-66 aus Münster 18. 09. – 16.10. 2016
„Verschwindende Zeichen“ nennt Vero- nika Teigeler ihre Serie von Acrylbildern. Grafische Arbeiten auf Papier sind von Liane Sommer zu sehen. Mit Tusche, Kreide, Acryl und Wachs setzt die Künstlerin Linien und Flächen zueinander in Beziehung. Gisela Schäper zeigt Fotografien von faszinierenden Blütenköpfen, die einem barocken Stillleben entnommen scheinen. Sie hält kleine Naturerscheinungen fest, Lichtsituationen im Moment eines flüchtigen Augenblicks, bevor die Erddrehung schon wieder neue Licht-Verhältnisse und damit neue Ansichten schafft.
Gisela Schäper, Ranunkel
Freie Landschafts-Assoziationen zeigen die Grafit-Zeichnungen von Waltraud Kleinsteinberg. Dreidimensional sind ihre kleinen Guckkästchen, in denen sich surreale Szenarien auf kleinen Bühnen abspielen. Mit der grafischen Arbeit „Bleiben“ thematisiert Gabriele Maria Koch das menschliche Grundbedürfnis nach einem friedvollen und sicheren Lebensort. Bei den Arbeiten von Anne Fellenberg sind aus einer Kombination aus malerischer Grafik und spontanen Setzungen in zurückhaltender Farbgebung Bilder mit archaischem Charakter entstanden.
Sie erinnern an Mauerreste oder andere Spuren von Vergänglichkeit. Die Materialien sind Tusche, Grafit und Aquarell auf Filzpappe. „Rosa Jagdzeiten“ betitelt Crista Book ihre Fotomalerei mit Pastellkreiden und Lacken. Sie variiert die im Herbst allgegenwärtigen Fotos von Jagdgesellschaften mit künstlerisch-ironischer Geste.
■ Eröffnung: Sonntag, 18. 09. 2016, 11.00 Uhr

 Reutlinger Generalanzeiger vom 02. 06. 2016

 

Der Mensch steht im Mittelpunkt

VON BIRGIT VEY

REUTLINGEN. Statt Topmodells formt Jutta Peikert Menschen, wie sie wirklich sind. Bäuche, krumme Füße, rissige Haut zeichnen ihre Tonfiguren aus. Ungeschöntes hat die Plastikerin im Blick, und das spiegelt sich auch in deren Gefühlslagen. Ängste oder Verletzlichkeit sind zudem Befindlichkeiten, die Birgit Weber zeichnerisch festhält. Von ihr kommen dazu Gemälde. Gemeinsam bestreiten die Künstlerinnen die Ausstellung »Strich, Farbe, Plastik« in der Produzentengalerie Pupille.

Birgit Weber (links) und Jutta Peikert in der Produzentengalerie Pupille. Im Hintergrund ist Webers Bild »Raumsituation« zu sehen, vorn eine Figurengruppe von Peikert. FOTO: VEY
Birgit Weber (links) und Jutta Peikert in der Produzentengalerie Pupille. Im Hintergrund ist Webers Bild »Raumsituation« zu sehen, vorn eine Figurengruppe von Peikert. FOTO: VEY
»Clips« nennt Weber ihre großformatigen Zeichnungen. Inspiriert von Stanley Kubricks Film »Uhrwerk Orange« entstanden Skizzen, in denen die Künstlerin bedrohliche Situationen durchspielt: Mal scheinen die Menschen im dichten Gedränge unterzugehen, mal geißelt sie die Isolation, mal brauchen sie den Schutz einer Gasmaske. Masken sind ein Thema, das die in Lahr lebende Künstlerin, die lange Pupille-Mitglied war, auch in den kleineren Grafit-Blättern beschäftigt.

Freude und Trauer

»Man verhüllt sich dahinter, unter anderem, um Verletzlichkeit zu verstecken«, erklärte sie. Dargestellt hat Weber in der Arbeit »Maske 3« auch den völligen Rückzug: Abgewendet hat sich ein Mensch, sein Interesse an gesellschaftlicher Teilnahme scheint erloschen. Andere problematische Situationen sind in Titeln angedeutet. »Passé« (bei dem die Gehbehinderung der eigenen Mutter einfloss) verweist auf zwei Schuhe, die nur schwerlich vorwärtskommen. »Gegen die Wand« heißt eine weitere Zeichnung, in der sich Hände von einer Wand (sie kann etwa für Zwang stehen) wegdrücken.

Hände gestaltete auch Peikert in ihrem Arrangement »Heimat«. Betende Hände ersetzen Dachziegel, oder sich gebende Hände verbinden Dach und Außenmauer. Namen wie »Wuthaus« oder »Sehnsuchtshaus« gab die Künstlerin den Gebäuden, wobei sich die Titel nicht eindeutig auf ein bestimmtes Haus beziehen. Vielmehr will die im Ammertal lebende Peikert damit sichtbar machen, welche Gefühle mit Heimat – oder mit Verlust von Heimat – verbunden sind.

In zwei Gruppen zusammengestellt sind ihre Tonfiguren. Teils wurden sie aus unbearbeitetem Ton gestaltet, sodass rissige Oberflächen entstanden. Beschädigtes Material, das auch eine inhaltliche Bedeutung hat, wie Kunsthistorikerin Jutta Fischer hervorhob.

Durch ihre Haltungen spiegeln die Figuren die ganze Bandbreite menschlicher Verhaltensweisen. Das können Begegnungen sein, etwa indem eine Frau mit dem Oberkörper nach hinten ausweicht und so ihre Skepsis demonstriert. Oder es sind Emotionen dargestellt, beispielsweise Freude und Trauer.

Schwächen und Hoffnungen

Abgerundet wird die Schau durch Webers abstrakte Gemälde. Grüntöne bestimmen diese Arbeiten, in denen die Malerin Acrylfarben mit grafischen Mitteln wie Kreide oder Pastell vermischt. »Erda« und »Raumsituation« sind zwei Titel.

Die Künstlerinnen, die sich bei einem Kurs der europäischen Kunstakademie in Trier kennenlernten, arbeiten mit unterschiedlichen Mitteln. Doch sie haben Gemeinsamkeiten. »Beide suchen nicht Detail und Exaktheit«, wie es Fischer beschrieb. Vielmehr gebe es Parallelen zu Käthe Kollwitz.

Wie diese Grafikerin rücken Peikert und Weber den Menschen mit seinen Schwächen und Hoffnungen in den Mittelpunkt. (GEA)

Ausstellungsinfo


Die Ausstellung »Strich, Farbe, Plastik« mit Arbeiten von Jutta Peikert und Birgit Weber ist noch bis zum 26. Juni in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen, zu sehen. Geöffnet ist samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr. (GEA)

 

Ausstellung Jutta Peikert und Birgit Weber

vom 29. 05. 2016 bis 26. 06. 2016

 

 

Jutta Peikert beschäftigt sich in ihren Keramiken mit dem Menschen in seinen vielfältigen, individuellen und sozialen Bezügen. Sie geht bei der Gestaltung ihrer Plastiken bis an die Grenzen des Werkstoffs Ton.

Die ca. 60 cm großen Einzelfiguren zeigen in ihrer Sprödigkeit den ungeschönten Menschen in seiner Vielschichtigkeit.

Ihre Hausplastiken, Arbeiten zum Thema Heimat, variieren die Bedeutungsträger Haus, Mensch, Hand.

Hände symbolisieren sowohl aktives Handeln als auch passives ausgeliefert sein - beides verdichtet sich in den Hausplastiken.

 

 

Vernissage: Sonntag 29. Mai, 11 Uhr

Einführung: Jutta Fischer, Kunsthistorikerin

 

Birgit Weber hat lange in Reutlingen gelebt und war Mitglied der Produzentengalerie Pupille. Jetzt lebt sie in Lahr und stellt als Gastkünstlerin in der Pupille aus.

Strich, Form und Farbe stehen bei Birgit Weber als Wesensmerkmale ihrer Arbeiten und verweisen auf eine andere Realitätsebene. Bei den Zeichnungen erfolgt die motorische Umsetzung der Wahrnehmung blitzschnell durch die Hand. Durch Ausschaltung des Denkens kommt es manchmal zu Zufälligkeiten. Unbewusstes schaft sich Raum.

Bei den großformatigen Gemälden sucht Weber in ihrer charakteristischen Malweise einen Weg zwischen Malerei und Zeichnung, zwischen Planung und Spontanität, zwischen Formfindung und Auflösung

 

 

 

 

 

 

 

Izumi Yanagiya

 

Wabi-Sabi, Bilder, Installation und Objekte

vom 15. 01. 2016 bis 14. 02. 2016

 

Einführung: Xenia Muscat

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