Roswitha Zeeb & Renate Zeeden 

"Farbe - Druck - Papier"

vom 02.11. bis 23.11.2025 in der Produzentengalerie Pupille

  

 


Elke Roth – „Metaphysische Landschaft“
Eine Rauminstallation
Produzentengalerie Pupille 28. September bis 24. Oktober 2025
Einführungsrede von Florian Stegmaier
Elke Roth hat den Galerieraum der Pupille in eine begehbare Installation verwandelt. Eine Installation, die unter einem bestimmten Titel steht, der wie jeder stimmige Titel uns zumindest erste Zugänge, erste Wege der Vermittlung eröffnen kann und sogar im Kern so etwas wie ein ästhetisches Programm enthält. Die Künstlerin nennt ihre Ausstellung eine „metaphysische Landschaft“. Und verweist uns mit diesem Titel darauf, dass es hier wohl um dasjenige geht, was hinter oder jenseits der nur physischen Verfasstheit liegt. Und dieser meta-physische Aufbruch, diese Suche nach den vermeintlich letzten Dingen, ist im Rahmen einer Landschaft angesiedelt.
Was macht eine Landschaft aus? Spontan denke ich dabei an die gliedernde Linie eines Horizonts, der eine Schwelle markiert. Eine Schwelle nämlich zwischen Oben und Unten, zwischen Himmel und Erde – und damit auch zumindest symbolisch zwischen dem Irdisch-Physischen und dem Himmlisch-Geistigen.
Womit wir auch schon mittendrin in der Kunst von Elke Roth sind. Ich möchte hier nämlich tatsächlich von einer „Schwellen-Kunst“ sprechen und Ihnen in den folgenden Minuten versuchen darzulegen, was ich damit meine und wie wir uns als Betrachter dieser Kunst nähern können.
Wir können als eine erste ästhetische Schwellenerfahrung uns einlassen auf die unübersehbar uns entgegentretende Motivik, die recht ostinat um Vögel, um vogelartige Wesen kreist. Vögel, das sind Mittler und Botschafter zwischen Himmel und Erde, zwischen Diesseits und Jenseits. Sie fungieren zudem als hochsensible Sinnes-Wesen. Daher gelten sie in der Mythologie auch als Verlängerung des menschlichen Inneren in die Außenwelt.
Für diese im eigentlichen Sinn mediale Qualität stehen etwa die beiden Raben ein, die als Attribute dem nordischen Gott Odin zugehören. Hugin und Munin fliegen morgens los, erkunden die Welt; abends kehren sie zurück und flüstern Odin zu, was sie gesehen und gehört haben. Hugin steht für die Gedanken, Munin für die Erinnerung und zusammen verweisen sie auf das Streben nach Weisheit und Wissen Odins. Und ich denke, dass in diesem Vorgang des Aussendens innerer Anteile in die sinnlich wahrnehmbare Welt hinein und die reflektierte Zwiesprache nach ihrer erfahrungsgesättigten Rückkehr tatsächlich ein Urbild genuin ästhetischer Erfahrung zum Ausdruck kommt – dazu gleich mehr.
Nun ist es aber zum Glück nicht so, dass man die Vielzahl der hier versammelten mythologischen Verweise alle kennen und rational fassen müsste, um Zutritt zu Elke Roths metaphysischer Landschaft zu erlangen. Ebenso wenig ist es erforderlich, die spezifischen kulturellen Codes zu entschlüsseln, das das hier entfaltete ethnologische Repertoire fraglos in beeindruckender Fülle bereithält.
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Vielmehr verlässt sich Elke Roth in ihrer Arbeit auf die Kraft dessen, was man gerne als Archetypen bezeichnet, auf die Kraft eines archetypischen Gehalts, den sie mit ihren Skulpturen und Objekten aktiviert. Somit eröffnen ihre Werke einen Zugang zu einer kollektiv geteilten, meist unterbewussten Schicht der Zeichen, Urformen und Symbole, deren Sinnvorrat unabhängig vom jeweiligen Vorwissen oder kulturellen Hintergrund je individuell erfahrbar werden kann.
Wir müssen also – um Ihnen ein konkretes Beispiel zu zeigen – nicht zwangsläufig mit der spirituellen Funktion der Calao genannten Figuren der Senufo-Kultur vertraut sein, um mit Elke Roths Tonfiguren in Dialog zu treten, die eben diesen westafrikanischen vogelartigen Wächterfiguren nachempfunden sind. Im Gegenteil: für unsere ästhetische Wahrnehmung ist es sogar förderlich, wenn wir diese Plastiken nicht mit Expertenblick klassifizieren und gleich wieder abhaken – sondern wenn wir uns offen, vorurteilsfrei, ich möchte sagen: im positiven Sinne ganz naiv auf sie einlassen – und so mit unserem Blick auf die Figuren auch deren Gegenblick auf uns zulassen. Wenn wir uns also fragen, wie diese hybriden Wesen wohl uns wahrnehmen – wie diese Gestalten auf uns blicken, die doch gerade in ihrer charakteristischen Mittellage zwischen menschlicher Gestalt und einer fremden, wiederum vogelartigen Erscheinungsform, einen besonderen Status im metaphysischen Bezirk einzunehmen und insbesondere dem sensiblen Bezirk der Schwelle zugehörig scheinen.
Ebenso können wir uns vertrauensvoll auf den allegorischen Aspekt dieser Installation einlassen. Allegorie – das ist die Kunst des Anders-Sagens. Eine Kunst, die Elke Roth als Bildhauerin zum Anders-Zeigen, Anders-Formen erweitert und uns etwa eine zwischen Himmel und Erde schwebende Gestalt vor Augen führt, die in ihrer fließenden, schleierartigen Anmutung durchaus als Allegorie des Traums gelten kann. So wie die Künstlerin überhaupt die gesamte Installation als Traum, als Traumgeschehen oder traumartigen Zustand versteht.
Was absolut schlüssig ist. Denn bei all dem Wogen der Bilder und Formen, die sich während des Träumens einstellen, ist diese nächtliche Bildwelt doch keinesfalls ohne Regeln. Der Traum – und das wissen wir alle aus eigener Erfahrung – der Traum ist ein Symboliker. Der Traum schafft Sinnbilder. Eindrücke, die während des wachen Lebens an uns herangetreten sind, kleidet der Traum in ein neues imaginatives Gewand, das selbst vermeintlich abstrakten Zusammenhängen oft eine eindrucksvolle bildliche Prägnanz verleiht.
Und wir erkennen an diesem Traumgeschehen, wie dann, wenn die wachen Sinne zurücktreten und die Traumbilder beginnen in Aktion zu treten, wie sich dann etwas Schöpferisches für den Menschen Geltung zu verschaffen beginnt. Schlaf und Traum – ebenfalls Zustände, sogar essenzielle Aspekte unserer Existenz, in denen wir uns regelmäßig zwischen Himmel und Erde befinden und in denen wir etwas von einer metaphysischen, vom Körper ein wenig losgelösten Weise der Existenz erfahren. Zustände, in denen wir inmitten unserer imaginativen Bilder leben und von diesen bildhaften Eindrücken dann manches wieder ins Wachbewusstsein mitnehmen. So verdanken auch einige der hier zu sehenden Exponate ihre Gestalt Bildern und Eindrücken, die bereits im Traum geschaffen wurden. Etwa die aus einer groben Leinwand gestaltete Form, die uns in dem mittig gehängten Exponat aus der Bildebene entgegentritt und wiederum eine vogelartige Gestalt raumgreifend umschreibt.
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Der Verweis auf den Traum und seine bilderzeugende schöpferische Kraft wirft auch die Frage auf: wer oder was bringt eigentlich diese Mannigfaltigkeit der Formen hervor? Damit stelle ich nicht die Autorschaft der Künstlerin in Frage. Ich frage vielmehr nach der Quelle, nach dem Ursprung dieser gestaltenden Kraft. Eine Frage, die uns wiederum ins Metaphysische führt. Es ist sicher ein wichtiges Verdienst dieser Installation, wenn sie uns sensibilisiert, wenn sie unsere Aufmerksamkeit auf die erstaunliche Weisheit lenkt, die gerade den Formen der Natur zugrunde liegt. Eine planvolle, als gestaltende Kraft sich entfaltende Weisheit, die wir etwa am Bau der Knochen und Schädel von Mensch und Tier ablesen können.
Insofern nenne ich Elke Roths Installation auch Schwellen-Kunst, als sie beide Seiten aktiviert, und so die Schwelle zum Übergang macht. Also nicht nur unsere Imagination in Gang bringt und uns damit Richtung metaphysischen Raum bewegt, sondern auch diejenigen plastizierenden und bildhauerischen Kräfte aufzeigt, in denen das Geistige am Physischen ganz konkret arbeitet und so auch für die diesseitige sinnliche Erfahrung offenbar wird.
Und das heißt auch: wir dürfen wieder staunen lernen. Auch darüber, dass sich diese lebendige Kraft des Geistigen gerade dort am deutlichsten manifestiert, wo scheinbar totes Material zu sehen ist: etwa in Elke Roths karbonisierter, also kunstvoll verkohlter Holz-Stele oder ihren Knochen- und Schädelobjekten. Das sind Objekte, die in ihrer Todesnähe einen existenziellen Nullpunkt markieren – einen Nullpunkt, der aber kein Ende, kein Abschluss, sondern einen Durchgang, einen Wendepunkt bezeichnet.
Es ist bekanntlich wiederum ein gefiedertes Wesen, der Vogel Phönix nämlich, der sich aus der toten Asche erhebt und aufs Neue belebt nach oben steigt. Und so sind es gerade Elke Roths mortifizierte Arbeiten, die ihr vitales Gegenbild aufrufen. Es ist der Anblick des vermeintlich Toten, der unsere imaginative Kraft entzündet und lebendige Bilder innerlich auferstehen lässt.
Mir ist bewusst, dass solche Überlegungen – etwa von Tod und Auferstehung – und auch die von mir dafür ganz bewusst gewählte Ausdrucksweise eventuell anwesenden Materialisten einige Zumutungen bereiten können. Wofür ich mich aber keineswegs entschuldigen möchte. Denn wer sich auf die Kunst einlässt, kommt nicht umhin, sich eben diesen Signaturen der Schwelle zu stellen.
Es geht mir darum, darauf hinzuweisen, dass Elke Roths metaphysische Landschaft für uns zu einem begehbaren Erfahrungsfeld werden kann, zu einem persönlichen Resonanzfeld, das wir gleichermaßen physisch wie auch innerlich, seelisch beschreiten können. Eine innere Landschaft, in der wir die Vorgänge von ästhetischer Hervorbringung und ästhetischer Wahrnehmung in ihrem schöpferischen Wechselspiel ganz bewusst erleben können.
Denn ein solches ästhetisches Erleben, das nicht nur Privileg der Künstlerin, des Künstlers ist, sondern auch wesentlich für die Betrachter sein wollte – und das sich von einem rein konsumistischen Beschauen grundlegend unterscheidet – ein solches ästhetisches Erleben führt zwangsläufig an eine Schwellensituation. Denn es ist nicht allein die Künstlerin, die hier etwas von sich in ihre Werke hineinlegt. Auch die von uns aktiv vollzogene ästhetische Betrachtung ist identitäts- und beziehungsstiftend.
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Insofern es gerade mein Blick ist, es meine innere Aufmerksamkeit ist, die das Kunstwerk zu aktivieren vermag und sich zwischen mir und dem Werk eine Form der Resonanz einstellt, die ich dann so erlebe, als träten mir aus dem betrachteten Werk auch Anteile meiner Selbst entgegen. Und eben diese ästhetisch reflektierte, aber auch ungeschminkt authentische Begegnung mit dem je eigenen Wesen – das ist eine untrügliche Signatur der Schwelle zwischen physischer und metaphysischer Welt.
Und eben das, davon bin ich überzeugt, ist in Elke Roths zentraler Installation zu erleben – aber auch im Gegenüber mit ihren Materialbildern, die sie unter den Titel „Raumzeit“ gestellt hat. Als Verlängerung ihrer bildhauerischen Arbeit bricht sie in dieser Werkgruppe „Raumzeit“ den physischen, den erdverhafteten Raum auf und eröffnet Durchgänge, Durchblicke auf den geistig zu erfahrenden Raum dahinter.
Indem nun Elke Roth als Bildhauerin die Möglichkeiten der plastischen Formgebung dahingehend erweitert, dass sie mit ihrer Kunst nicht nur totes Material ergreift, sondern im Gesamtgefüge ihrer Installation und Materialbilder auch menschliche, seelische Substanz zu aktivieren sucht, öffnet sie uns als Betrachter die Chance, unser imaginatives Potenzial zu entfalten und vermittelt durch das Medium der Kunst diejenigen Bezirke zu erkunden, die zwischen Himmel und Erde, diesseits und jenseits der Schwelle liegen – und uns letztlich ins eigene Innere führen.
Vielleicht reizt es Sie ja, genau dahin aufbrechen – am besten in Ruhe und Kontemplation an einem der folgenden Ausstellungstage.

Ulrich Koch

 

Kunst als durch/einander & wirk/macht

vom 4.8. bis 31.8. 2025 in der Produzentengalerie Pupille

 

  Noch bis 31. August gibt es in der Produzentengalerie Pupille wieder einen offenen Raum für partizipative Kunst und die Erforschung der eigenen Kreativität.

 

Die Pupille wird zu einem Ort für „durch/einander & mit/macht“. Im miteinander Handeln und in der Erfahrung eigenen Wirksamkeit wird Kunst vielleicht in seiner geheimnisvollen Wirksamkeit erlebbar. Vielleicht eröffnen sich neue Aussichten und Perspektiven. Sie sind eingeladen mitzumachen und mitzuspielen. Können wir Menschen eine Welt mitgestalten in der es mehr Wirkmacht gibt für Alle? Wie holen wir uns unsere Macht wieder zurück und wie kommen wir aus der Ohnmacht heraus ins Tun? Gerne können eigene künstlerische Arbeiten, Material, Musikinstrumente etc mitgebracht und eingebracht werden.

 

Auf der Website „www.kunst-natur-archiv.de“ wird dieses Projekt dokumentiert. Dort sind Texte, Bilder und Filme zu finden, die eine weitere Ebene des Austauschs ermöglichen können.

 

 in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Reutlingen :

 

Stadt Reutlingen in der Produzentengalerie Pupille
27. Juni - 27. Juli 2025
Csenge Barbara Oláh
VOM GANZEN ZUM DETAIL 

 

"alles in einem"

neue Arbeiten

Renate Quast

23. 05 . bis 15. 06. 2025

 

"Perspektivwechsel"

Malerei

Sebastian Lorenz

13. 04 . bis 11. 05. 2025

 

"Zeiten und Räume" 

Grafik / Malerei / Skulptur

mit 24 Kunstschaffenden der Pupille

in der Klosterkirche Pfullingen

10.04. bis 27.04.2025

 

"In the beginning"

Ulrike Holzapfel, Malerei

Jochen Warth, Skulpturen

16.03. bis 06.04.2025

Vernissage :   Sonntag, 16.03. 2025, 11 Uhr

 

Rituale? Rituale!

Günther Sommer

16.02. bis 09.03.2025

Vernissage :   Sonntag, 16. 02. 2025, 11 Uhr

 

Jahresausstellung der Kunstschaffenden

12.01. bis 09.02.2025

Vernissage :   Sonntag, 12. 01. 2025, 11 Uhr

 

 

 

Ausstellungsrezension im Reutlinger Generalanzeiger